Zum Leserbrief des Dr. Fahrenkrog in den Fränkischen Nachrichten
Der NSU wurde 2011 mit dem Ableben der beiden Uwes und dem Hausbrand von Frau Zschäpe Geschichte und zur Offenbarung eines unsäglichen Verfassungsschutzfilzes. Wieso diese sog. Naziterrorzelle vor ihrem jähen Ende im Ggs. etwa zur RAF nie durch Forderungen bekannt wurde, wieso angebliche Neonazis völlig abseits einschlägiger Motive wie „Ausländer nehmen uns Arbeitsplätze weg“ oder „Ausländer schmarotzen in unseren Sozialsystemen“ keinen einzigen Arbeitnehmer und keinen einzigen Sozialtransferempfänger ermordeten, sondern ausschließlich Kleingewerbetreibende und damit Selbständige, lässt zumindest die kritische Frage zu, ob das nicht eher Schutzgeldkriminalität war. Das gilt auch für den Umstand, daß es bis auf einen Griechen und eine deutsche Polizistin nur Türken traf. Diese hohe Selektivität an Nationalität und Erwerb des Einkommens unter den Opfern sowie letztlich der Eifer des Verfassungsschutzes bei der Aktenvernichtung lassen durchaus die Vermutung zu, daß „rechtsextremer Terror“ nur Deckmantel wurde für eine sehr schmutzige Staatsverwicklung mit völlig anderem Hintergrund. Das ist freilich nur eine Mutmaßung, angesichts der Umstände jedoch eine zulässige.
Der Mord an Walter Lübcke war die Tat eines Einzelnen. Aufgeklärt ist diese noch nicht, ein unter U-Haftbedingungen geäußertes Geständnis wurde zurückgezogen und die belastenden DNA-Spuren tauchten erst Wochen nach der Tat auf. Kurz nach der Tat berichtete die Süddeutsche Zeitung noch, daß es keinerlei Spuren am Tatort gegeben habe. Ein neues Geständnis belastet eine andere Person aus der Neonazi-Szene.
In Halle versucht ein Einzeltäter, eine Synagoge zu stürmen, scheitert aber an der Tür und erschießt nun vor der Synagoge wahllos Menschen. Der Amokläufer war kein „Neonazi“, das hat sein Anwalt noch einmal betont. Auch die Bezeichnung „rechts“ trifft hier ins Leere. Er ist einfach nur ein frustrierter Einzelgänger, der einmal im Leben seine 15 Minuten Bekanntheit im Internet erheischen wollte. Dass er für seinen Tag den hohen jüdischen Feiertag Jom-Kippur auswählte und dass er das Blutbad eigentlich in einer Synagoge anrichten wollte, könnte auch an dem Umstand liegen, dass man damit ein Mehrfaches an Medienwirksamkeit erreichen kann. Dass am Ende ein Kevin S. und eine Jana L. (beide keine Juden) getötet wurden, spricht dafür, dass es dem Amokläufer letztlich egal war, wer für seine bizarre Internet-Reality-Show sterben musste. Hauptsache welche abknallen, so seine Devise. Ideologisch motivierte Gewalttaten oder gar politische Terrorakte sehen anders aus.
In Hanau erschießt ein bestätigt psychisch kranker Einzeltäter mehrere Gäste einer Shisha-Bar, danach seine Mutter und sich selbst. An diesen Morden eines Schizophrenen, dessen Vater bei den Grünen aktiv war, der seinen Waffenschein von einer SPD-geführten Stadtverwaltung erhielt und dessen wirres Manifest bereits Monate vor der Tat dem von der CDU gestellten Generalbundesanwalt bekannt war, soll jetzt die AfD schuld sein? So wie die weiter oben beschriebenen Verbrechen auch? Kann man sich nicht ausdenken.
Genau das aber meint Leserbriefautor Dr. Fahrenkrog in seinem recht agitiert aufgesetzten Beitrag gegen eine demokratisch gewählte Partei, deren interne Posten ebenfalls durch demokratische Wahl besetzt werden. Eine Partei, die sich gerade gegen jene Islamisierung einsetzt, der wir den wieder aufflammenden Antisemitismus zu verdanken haben. Die sich zurecht gegen eine unkontrollierte Einwanderung afrikanischer und vorderasiatischer Präkariate einsetzt, welche uns Domplatte, Breitscheidplatz und so unzählig viel mehr Tote als die oben zitierten Verbrechen mutmaßlicher, ja zum Teil gar nicht rechtsextremer Täter bescherte. Allen Ernstes macht sich der promovierte Wertheimer Gedanken darüber, daß sich mit der Wahl der AfD die Geschichte des Dritten Reiches wiederholen könnte, was nicht nur angesichts des Parteiprogramms lächerlich erscheint, sondern angesichts einer maroden Bundeswehr, der allgegenwärtigen amerikanischen Präsenz in der Nähe bundesdeutscher Institutionen und zahlloser anderer Faktoren bereits technisch kaum erwartbar sein dürfte. Will sagen: Es gehört schon ein Unmaß an Paranoia mit dem rechten Auge dazu, derlei Befürchtungen zu äußern, sich aber angesichts der Flammen zum G20-Gipfel in Hamburg, eingeschlagener Schädel wie dem des Herrn Magnitz, Anschlägen auf Parteibüros und Fahrzeuge von AfD-Politikern bis hin zu einer parlamentarischen Ausgrenzung ruhig zu verhalten, die man in Analogie am Arbeitsplatz als Mobbing bezeichnen müsste und die in der Politik zum faktischen, undemokratischen Stimmenentzug gegen rund 13% der Wähler wird. Der Fall Thüringen ist das Sahnehäubchen des sich abzeichnenden linken Totalitarismus einer die CDU immer weiter in Richtung der zweimal umbenannten SED rückenden Kanzlerin mit fragwürdigen Kaderwurzeln, die offenbar auch Herrn Ramelow zur Mehrheit verhelfen würde.
Aber Herr Fahrenkrog sieht die Republik allen Ernstes am Rande eines Vierten Reiches. Um den Kreis zu schließen: Der NSU war zwei Jahre vor Gründung der AfD Geschichte. Dafür der AfD auch noch die Schuld zuschustern zu wollen, rundet die Absurdität seines Leserbriefes vollends ab.
Will diese Gesellschaft aus NSU und Lübcke-Mord und Hanauer Schizo-Wahn die richtigen Konsequenzen ziehen, muss sie aus der Geschichte lernen und zur Kenntnis nehmen, woher Hass kommt und wozu er führt. Dazu lohnt sich ein Blick auf den linksextremistischen Terror der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts: Der Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, die Entführung und Ermordung des Arbeitgeberverbandspräsidenten Hanns Martin Schleyer und die kaltblütige Tötung des Bankiers Alfred Herrhausen durch die Rote-Armee-Fraktion (RAF) – sie alle waren genährt von der Überzeugung der Täter, dass in diesem Land etwas fundamental in die falsche Richtung geht, dass der Staat nicht kritikfähig und nicht dialogbereit ist, dass er stattdessen repressiv mit einer politischen Bewegung Andersdenkender, deren Zielen, Werten und Überzeugungen umgeht. Das schürte Hass. Damals wie heute.
Es gibt weitere alarmierende Parallelen zwischen einst und jetzt: So verhasst wie den Kriegern der Stadtguerilla die aus ihrer Sicht tendenziöse Springer-Presse war, auf deren Verlagshaus 1972 sogar ein Terroranschlag verübt wurde, sind vielen „Rechten“ hierzulande die sogenannten „Mainstreammedien“. In den 60er Jahren sah man in den zu reaktionärem Konsens verschworenen „monopolistischen Medien“ die Gefahr der Meinungslenkung, durch die „eine Mentalität erzeugt“ wurde, „für die Recht und Unrecht, wahr und falsch vorherbestimmt sind“ (Herbert Marcuse). Ganz ähnlich urteilt heute das rechte Lager über die deutschen Leitmedien und tatsächlich spielen diese in den ideologischen Grabenkämpfen der Gegenwart eine entscheidende Rolle. Sie sollten die Kritik Marcuses, dessen Theorien viele Journalisten in ihrem Studium begegnet sind, beherzigen und endlich wieder eine Debattenkultur pflegen, in der nicht Hass, Intoleranz und Orwellsche Denkverbote regieren, sondern echte Freiheit. Völlig zu Recht hat der ehemalige Bundespräsident Gauck in jüngster Zeit mehrfach zu dem aufgefordert, wozu seinem Nachfolger von der linken SPD bisher der Mut fehlte: Toleranz gegenüber rechts. Rechte, also im herkömmlichen Sinn: bürgerlich-konservative Auffassungen vertragen sich nämlich seit jeher blendend mit Freiheit und Demokratie, weil diese das Ergebnis einer bürgerlichen Revolution sind (1789), während Linke bis heute praktisch mit jedem wichtigen Symbol unserer freiheitlichen Grundordnung, Nationalhymne und Nationalfarben, und auch mit dem Text des Grundgesetzes in seiner jetzigen Fassung auf Kriegsfuß stehen.


